Wenn Adorno nach einem Ganzen fragt, in welchem dem Einzelnen keine Gewalt angetan werde, so stellt er sich in die Reihe jener demokratischen und anarchistischen Denker, die eine ‚Ordnung ohne Gewalt‘ anstrebten.
Ich teile diese Utopie durchaus.
Doch trägt selbst diese Formel etwas missverständlich Starres in sich, wie auch die klassischen Anarchisten – wie Proudhon und Bakunin – in ihrer Vorstellung einer gesetzlosen Organisation etwas höchst Konformistisches beschrieben:
Sitte und Anstand, zuletzt das Korrektiv durch die Enge der Provinz im Temperament der Tradition.
Die antiautoritäre Gegenbewegung des Individualanarchismus in Folge Max Stirners dagegen führte unzweifelhaft in die grauenvollen Gewässer jenes Haifischbeckens, den Thomas Hobbes bloß noch im Urzustand erblickte:
Die kapitalistische Marktanarchie.
Was wäre nun aber jene Ordnung ohne Gewalt, wenn sie dem Individuum tatsächlich diente – ohne Staat, Dorf und Familie im Nacken?
Vielleicht mag eine gegenteilige Formulierung Licht ins Dunkel bringen:
Chaos ohne Unsicherheit.
Dies wäre womöglich endlich jene Gesellschaftsformation, die Hegels Satz verwirklichte, nach dem die Konstitution der Gesellschaft die Freiheit des Individuum erst hervorbrächte.
Die Gemeinschaft schüfe also das Nötige, die Sicherheit. Das Subjekt aber widmete sich selbstgefällig der Irritation und der lebendigen Erschütterung des ewig Gleichen.
Heute dies, morgen jenes, wie es auch dem romantischen Marx entspräche – dies wäre das Movens eines zukünftigen Konservatismus, der die Freiheit erhält, weil eben bleiben darf, was ist, sobald es fließt ohne zu ersäufen.
Die materiellen und institutionellen Bedingungen hierfür zu schaffen wäre Hauptaufgabe aller demokratischen Kommunistinnen.


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