Man wunderte sich nur.
Steve, der früher jedem Rock nachblickte, schien plötzlich versöhnt mit sich und der Welt.
Er sprach leiser, bewegte sich langsamer, aß weniger. Manchmal saß er einfach da und starrte ins Leere, als wäre in ihm ein Schalter umgelegt worden. Die meisten hielten es für Reife. Andere für eine Midlife-Krise, die sich ungewöhnlich gesittet entfaltete.
Dann begann er zu meditieren.
Erst daheim, dann im Park, irgendwann täglich, stundenlang. Irgendetwas arbeitete in ihm – das sah man –, aber er wirkte zufrieden, fast glücklich. Nie zuvor hatte man ihn so ruhig erlebt.
Als er eines Tages erklärte, er müsse nach Bodh Gaya reisen, zu Buddhas Baum, fragten viele, ob es ihm gut gehe.
Er nickte und lächelte so seltsam rein, dass man ihn nicht weiter bedrängte. Vielleicht hatte er wirklich etwas gefunden. Vielleicht wollte er nur etwas loswerden.
Man wusste es nicht.
Und wahrlich: Unter dem Baum saß er wie ein Musterbeispiel der Askese. Keine Nahrung, kein Wasser, kein Schlaf. Einzig Atemzüge, immer flacher, immer gleichmäßiger zeugten noch von Leben in ihm.
Pilger flüsterten ehrfürchtig, Mönche beobachteten ihn mit einer Mischung aus Sorge und Bewunderung.
Er wirkte, als wartete er auf etwas — es musste die Erlösung sein.
Und endlich kam die Nacht, die ihm den Körper kosten sollte.
Zuerst erschien das Übliche: hitzige Visionen von Speise, wogende Trugbilder, murmelnde Stimmen, die ihn einluden, sich einfach etwas Gutes zu tun. Er zuckte nicht. Seine Ruhe schien übermenschlich.
Schließlich wurde die Luft süßer.
Ein kaum hörbares Kichern. Ein eigenartiges Beben im Erdreich. Und aus dem Schatten lösten sich drei Gestalten, deren Anblick selbst den Wind zum Stocken brachte: weiblich, unwirklich schön, leuchtend vor Verheißung.
Ihre sinnlichen Körper bewegten sich in einem Rhythmus, der älter war als jede Moral, älter als die älteste Religion, älter als Sitte und Anstand.
Und zu allem Unglück waren si€ mehr als bloße Visionen – und sie kannten keine Gnade.
Steve öffnete die Augen.
Kein Entsetzen.
Keine Verwirrung.
Lediglich etwas, das wie triumphierende Erleichterung wirkte manifestierte sich in seinem Ausdruck.
Ein Lächeln.
Langsam, wissend – bereit.
Steve formte lautlos, wie ein Mann, der endlich sein Ziel erreicht hat:
„Endlich.“
Was darauf folgte, sah niemand — doch man fand ihn im Morgengrauen, zusammengesunken, entspannt wie nach einem langen, vollkommenen Atemzug. Der Ausdruck auf seinem Gesicht war friedlich, erfüllt, beinahe spirituell. Die Menschen erklärten ihn so nachvollziehbarerweise zum neuen Buddha.
Doch sie hätten nicht ahnen können, dass der Heilige in Wahrheit als Stein wiedergeboren wurde.
Glatt, schwer, kühl, aber von einem Hauch durchdrungen, der fast wie Wärme wirkte.
Die Verfestigung seines letzten Glücks.
In Ewigkeit.


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