Edelgas

Die wohl traurigste und verständlichste Geschichte der Welt:

„Ich wünschte“, sprach das Kind mit nachdenklichem Blick, gerichtet auf die violette Neonleuchte in seinem Zimmer, „ich wünschte, ich wäre ein Edelgas.“
Traurigen Blickes schließt der Vater langsam seine Augen.
„Es tut mir Leid, mein Kind“, erwiderte dieser bekümmert, „du kannst kein Edelgas sein.“

Dem Kind schossen Tränen in seine runden Rehaugen.
„Wieso denn nicht?“
Der Vater schuckte.
„Du bist zu groß, hörst du?“, auch ihm kullerte eine einsame Träne über die Wange. „Dein Bewusstsein ist zu kompliziert für Elemente. Ein Edelgas kennt kein Ich.“
Das violette Neonlicht verschwimmt in seinem durch Wasser getrübten Augenlicht.

„Mach es aus“, sprach das Kind getroffen, „mach es aus.“

Vermutlich, so darf man annehmen, wünschte sich bereits der Homo Erectus, in seinem tiefsten, unverstandenen Streben, ein mit allen Elektronen bestücktes Atom zu sein.

Autoren-Avatar
Mark Erschüttert Autodidakt
Mark Erschüttert ist gelernter Kaufmann für Büromanagement, mehr wohl aber liebevoller Glücksritter und impulsiver Geist. Als Stiefpapa und Studienabbrecher lebt er im Grenzgängertum zwischen kritischem Utopismus und profanem Realismus. Zudem: Dialektiker. Humanist. Unitarier – mit einer metaphysischen Hoffnung auf das Beste: Die negativ deologische Yeshu’a im Blick. Musikalisch ist er interessiert am Goth – insbesondere am Postpunk und Dark Wave – ohne jedoch vom esoterischen Überschuss irgendeiner sogenannten „schwarzen Szene“ betroffen zu sein. In der Malerei genießt er den Surrealismus, das Unverständige dabei mehr, als das Kitschige, zum Klischee Geronnene. Doch duldet er kein Stillstehen, gibt sich bei Allem auch die Freiheit sich zu entwickeln und am Morgen das Gegenteil zu genießen – ob Jazz oder Pop Art. Seine weitestgehend autodidaktische Bildung, sowohl im Privaten, wie auch in politischen Organisationen, ist nahezu frei von institutionellem Kapital. Es bleibt ihm eine beschädigte Seele, die jedoch das Denken, wie das Fühlen liebt. Er ist zwar gerne für sich, schätzt doch sonders die Verbundenheit und das Leben, liebt dabei zuvorderst auch all jene Menschen, die ihn prägten und noch immer prägen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Translate »

You cannot copy this content of this page