Siehe auch: Die Philosophie des Diamodernismus – Einfache Version
Bewegung
Die Commune Mondiale hat sich dazu beschworen dem Reich der Freiheit mit all den Kräften des eigenen Verstandes vorzuarbeiten. Diesen experimentellen Versuch der geistigen Antizipation einer zukünftigen, vom Falschen erlösten Gesellschaft, nennen wir Diamodernismus.
Dieser stellt eine konzeptuelle Weiterentwicklung des modernen Projekts als Ganzes dar, die sich entgegen des Postmodernismus zwar kritisch mit der derzeitigen Epoche der Neuzeit im Allgemeinen und des Zeitalters der Moderne im Besonderen beschäftigt, jedoch ohne seine Errungenschaften zu leugnen und seinen Anspruch zu dekonstruieren.
Das Präfix „dia“ (griech. διά – „hindurch“, „durchweg“) bezeichnet im Kontext des Diamodernismus nicht bloß das Durchschreiten oder die Vermittlung, sondern die Bewegung des Denkens als kritische Durchdringung der Moderne in ihrem innersten Anspruch. Es markiert die Zuspitzung und Überwindung ihrer historischen Gestalten, indem es deren innere Widersprüche nicht umgeht, sondern durch sie hindurchgeht – auf eine neue Qualität hin.
Diese Kritik ist nicht äußerlich, sondern immanent:
Sie entspringt dem innersten Wesen der modernen Seele, deren Selbstverständnis stets auch von einer unabschließbaren Spannung zwischen Freiheit, Vernunft und Entfremdung getragen war. Der Diamodernismus hebt diesen Widerspruch nicht auf im Sinne harmonischer Versöhnung, sondern verwandelt ihn durch Negation:
Die Bedingungen der Vollendung von Freiheit müssen erst noch geschaffen werden.
Diese Aufhebung der Moderne soll also nicht dem bloßen Abgesang ihres Begehrens folgen, wie es die diversen „post“-Ideologien der letzten Jahrzehnte betrieben und noch immer betreiben, sondern statt Dekonstruktion Befreiung antizipieren – auf Basis und gegen die Moderne, zu ihrer eigenen Blüte hin.
Momente
Dabei sollen in diesem Sinne die Ideen des Humanismus und der Aufklärung, wie auch der Romantik und der Metaphysik, die Systeme des Idealismus und Materialismus, die Impulse des Rationalismus und der Empirie, bis hin zu den fruchtbaren Irritationen des Geistes durch Surrealismus und Psychoanalyse als Protagonisten wirken, um eben jene kritische, gesellschaftliche Vision zur Vollendung des modernen Projekts zu entwerfen, die sich nicht in der Dialektik der Aufklärung, dem inhärenten Rückfall in die Barbarei, verzettelt.
Beendet werden soll endlich die Zeit der Vorgeschichte und verschwistert das Individuum mit seiner Gesellschaft.
Die durchaus naheliegende Gefahr des falschen Synkretismus und der willkürlichen Eklektitik begegnen wir mit einem kybernetisch-dialektischen Erschließen aller Teilgebiete menschlicher Erkenntnisse und Erfahrungen, um aus der Komplexität historischer Bewegung jene Bedingungen offenzulegen, die der verspäteten Ankunft Gottes, als allegorischen Heilsbringer der Menschheit, im Wege stehen. Dieses schließlich zugunsten all jener Potenziale, die ihrerseits als Geburtshelfer unserer metaphorischen oder realen Erlösung erscheinen mögen.
Ziele
Dies abstrakte Ziel der Vervollkommnung eines unerfüllten Versprechens vor Augen, kann nicht in dieser programmatischen Schrift alleine erreicht werden – womöglich in keinem umfassenden Werke überhaupt. Stattdessen muss die Verwirklichung des guten Lebens als gemeinsames Werk aller beteiligten Individuen vollendet werden, letztlich nicht bloß im Kopfe, sondern in Organisation und Tat.
Dieses Ereignis – welches wir die emergente Tat nennen – muss somit jenseits unseres Denkens vollzogen werden, eben im Vollzug der Vorgeschichte, die sich zum Wohle der leidenden und (selbst-)bewussten Seelen, die wir Mensch heißen, beendet.
Somit bleibt der Diamodernismus ein bloßer intellektueller Rahmen, eine offene Richtung des Gedankens, eine ernste Richtschnur ethischer Spannung und praktischer Spontaneität im Wandel eines unbeherrschbaren Kosmos und seiner soziosphärischen Inseln.
Die Moderne als Projekt zur Befreiung des Menschen und des Fortschritts in ihrer gemeinschaftlichen Struktur soll dabei also nicht blind fortgeführt, sondern erst praktisch auf die Beine gestellt werden, um ihren periodischen Fall – der wie der des Fels des Sisyphos immer dann eintritt, nachdem sie siegreich die letzte Hürde genommen, die Spitze des Berges erreicht hat – zu verhindern.
Diese Hoffnung ist schließlich Grundlage des Diamodernismus, der doch aber nicht aufgeht in diesem rein imaginären Prozess, sondern sich in avantgardistischen Wagnissen positioniert gegen das wirkliche System, die Totalität der historischen Sackgasse. Der Gedanke muss der Bewegung jedoch vorausgehen, gerade weil der Diamodernismus durch den Materialismus ging, der entgegen des wissenschaftlichen Sozialismus festzustellen hat, dass die inhärente Teleologie der Geschichte zuweilen sich gegen den Menschen richten mag.
Methode
Die Methoden des diamodernen Gestaltens und Störens ist dabei streng negativ, experimentell und fragmentiert, denkend in Widersprüchen und in Lücken, in Bildern und Formeln, zugunsten der komplexen Logik dynamischer Systeme, um durch diese hindurch und über Zeiten hinweg, eine Bewegung des Berges selbst zu initiieren, um den von den Göttern Bestraften von seiner sinnlosen Aufgabe zu befreien:
Den Menschen somit also zum ersten Mal, seit seiner frühen Geburt, zu sich selbst finden zu lassen und seinen ihn spiegelnden, mythischen König zu begnadigen.
Diese Flaschenpost unserer Philosophie, wie Theodor W. Adorno sie nannte, wird durch uns entlassen, um im rechten Moment gefunden zu werden und um sich zu verbinden mit der Möglichkeit, dem Kairos des Umschwungs, wenn alles fällt – dabei doch nicht begraben wird, was hilft.
Man wird sich hierbei des Fantastischen des Unbewussten, des Intelligiblen und des Schönen genauso bedienen, wie der erkennenden und strengen Vernunft, der konfliktreichen Psychologie des Einzelnen genauso, wie der zirkulären Logik des Systems, um einen Ausgang zu finden, der es uns ermöglicht das Bestehende aufzuheben, in jenem dreifachen Sinne, wie es Georg Wilhelm Friedrich Hegel einst vorschwebte:
Beenden, Bewahren und Erhöhen.
Man wird nicht umhinkommen Grundsätzliches kritisch in den Blick zu nehmen, die Anarchie des Marktes und der Nationen, die politische Ökonomie als generalisiertes Partikularinteresse im Kampf um den wertheckenden Wert, die Ideologien des Chauvinismus, die Mythen der Weltverschwörung und des kollektiven Schicksals, vom privaten Vorurteil bis hin zum geteilten Vernichtungswunsch.
Man wird den Schutz des Individuums vor und seine Entwicklung auf Basis der Gesellschaft ebenso anstreben, wie dasselbige vor und der Natur.
Man stellt sich nicht gegen die evidenzbasierte Wissenschaft, wo sie funktioniert, sondern fügt ihr Spekulationen hinzu, wo diese versagt oder beschränkt was eigentlich möglich wäre. Auch dem rigiden Verbot durch Ockhams Rasiermesser stellen wir uns entgegen, in gleicher Weise, wie wir gegen das dogmatische Bilderverbot des Utopischen verstoßen.
Wir tun dies jedoch nicht – dies sei in aller Klarheit festgestellt -, um dabei jedem obskur Okkulten zu frönen oder dem infantil-autoritären Bescheidwissen der Esoterik zu folgen.
Dem Antimodernismus, dem blinden Vertrauen in das Gefühl oder den unmittelbaren Gedanken, dem Traditionalismus und dem Elitismus setzen wir das ernste Spiel und das beherzte Forschen entgegen. Das Kreative und Kritische erheischen wir nicht in Gleichzeitigkeit oder Dialog, sondern wenden sie als zirkuläre Momente einer Spannung, die Einheit und Alleingültigkeit zugleich beansprucht, gegeneinander.
Die Freundinnen der Diamodernität werden als aller Erstes doch aber das Elend erkennen müssen. Sie werden diese Konstante der Vorgeschichte nicht bloß neu und positiv framen, sondern aktiv gegen Armut wie Krankheit vorgehen, den Krieg gegen Viren, Bakterien und Pilze aufnehmen – ohne dabei ihren punktuellen Nutzen und ihre inhärente Pracht zu vernichten.
Wir richten uns zudem gegen die Notwendigkeit der Arbeit, rebellieren letztlich sogar gegen die Unausweichlichkeit des Todes und Totbleibens.
Die Richtung dieser Bewegung wendet sich somit gegen die Entropie als Schranke der Möglichkeit ewiger Negentropie oder – in Erkenntnis ihrer fundamental uns zugefügten Kränkung – klagt gegen dies existenzielle Unrecht, solange es besteht.
Grenzen
Der Diamodernismus wird den Menschen bereits im Irdischen zu erlösen suchen und diese Rettung als möglich erachten, im Laufe begriffen, wenn die Bedingungen der Möglichkeit zur Befreiung erst einmal gegeben sein mögen.
Er erkennt dabei doch auch seine Grenzen – wenn auch nicht an -, weiß also um das bloß Vergebliche seiner subjektiven Revolte, erfährt den Vorrang des Objekts gegenüber seines unbändigen Willens, respektiert das Nichtidentische im Aufbegehren des Realen, vereint in seiner Vernunft den rationalen Geist der Mathematik und die irrationale Seele der Sexualität – und bekämpft die rationale Ideologie des Überlebenskampfes bürgerlich ernötigter Naturzustände und den irrationalen Wahnsinn sado-masochistischer Regression zur Untergrabung selbst dieser unterentwickelten Errungenschaften einer kränkelnden, pubertierenden Zivilisation.
Der Diamodernismus findet sein eigenes Hemmnis schließlich im Nihilismus und des akzeptierenden Zynismus, verpflichtet sich somit einer negativen Moral, in Form eines egalitär-hedonistischen Universalismus, der das Reich der Freiheit anstrebt und dasjenige der Notwendigkeit in sich so weit zu lockern sucht, bis es befriedeten Wesens verschwinden mag und nichts mehr übrig bliebe als liebende, denkende und schaffende Individuen inmitten der Schönheit glühender Sterne und saftigen Grüns, ruhend in sanfter Böe zwischen den Schluchten human-sakraler Bauwerke und rasend in stürmischer Leidenschaft.
Je dieses, ohne furchtbarstes Leid zu erfahren oder gar zu kennen.
Glieder
Diamoderne – so lässt sich zuletzt sicherlich festhalten – denken nach, schreiben auf, malen, zeichnen, formen, gestalten, tanzen, bauen, entwickeln, rechnen, schwimmen, laufen, fliegen, ficken, lieben, organisieren, kritisieren, kämpfen, lernen, lehren, vervielfältigen, beschwichtigen, hetzen, glauben, hoffen, forschen und spekulieren.
Man findet uns im Marxismus, im Liberalismus, im Anarchismus, nicht jedoch im Monarchismus, dem vulgären Konservatismus oder in der Reaktion.
Wir beschäftigen uns mit Philosophie und Theologie, produzieren Drama und Science Fiction.
Wir arbeiten für Gehalt und Lohn oder leben von Almosen.
Wir sind Naturwissenschaftlerinnen und Geisteswissenschaftlerinnen, Künstlerinnen, Nerds und Nachbarinnen.
Es gibt nur wenige von uns.
Doch wir können jede sein – und jede kann wir sein.
Der Diamodernismus sucht nach der Befreiung aller ohne Ausnahme – an jedem Ort und zu jeder Zeit.


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